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Kalium - Details
Univ.Prof.Dr.med. Wolfgang Hübl

Info - Referenzbereiche - Erhöhung - Verminderung - Kalium im Harn
Probe - Präanalytik - Bestimmung - Interferenzen

NAME:
Der Name "Kalium" leitet sich vom arabischen "al kalja" ab, was Pflanzenasche bedeutet. Aus Pflanzenasche bzw. Holzasche hat man durch Auslaugen und Eindampfen in Töpfen (Pötten) die sog. Pottasche gewonnen. Pottasche ist Kaliumkarbonat, also ein Kaliumsalz. Die engl. Bezeichnung für Kalium "potassium" leitet sich direkt vom Wort Pottasche ab.
   
INFO:
Was ist Kalium?
Chemisch gesehen ist Kalium ein sog. Alkali-Metall. Im Körper kommt Kalium aber nie in metallischer Form, sondern vorwiegend als in Flüssigkeit gelöstes Kalium-Ion vor. Im klinischen Sprachgebrauch spricht man trotzdem der Einfachheit halber immer von "Kalium", auch wenn dies chemisch nicht korrekt ist.
 
kalium_flamme.jpg (1077 Byte) Hält man Kalium in die Flamme verfärbt sich
diese violett. Rechts zum Vergleich
Natrium (gelb-rot). Mit diesem Prinzip bestimmte
man früher im Labor u.a. Kalium und Natrium
(Flammenphotometrie). Heute verwendet
man einfachere, aber nicht unbedingt bessere
Methoden.
natrium_flamme.jpg (1380 Byte)

 

Wofür ist Kalium im Körper wichtig?
Kalium ist das wichtigste positiv geladene Teilchen (Kation) in der Zelle. Es ist daher entscheidend für das sog. Membranpotential der Zellen. Das eine elektrische Spannung die sich zwischen dem Zellinneren und dem Raum außerhalb der Zelle ergibt. Diese wiederum ist für die Weiterleitung von Nervenimpulsen, für den Herzrhythmus und für die Muskelarbeit wichtig.

Wie kommen wir zu Kalium?
Kalium wird über die Nahrung aufgenommen. Es ist in fast allen Lebensmitteln vorhanden. Viel Kalium ist in Obst (bes. in Bananen, Marillen und getrocknetem Obst), aber auch Fleisch und Milch enthalten nennenswerte Mengen. Die aufgenommene Menge liegt zwischen 40 und 150 mmol/Tag (1.6 bis 5.8 Gramm/Tag). Empfohlen ist eine Aufnahme von etwa 90 mmol/Tag (3.5 Gramm). Diese Menge ist z.B. in 2.5 l Milch, 1 kg Rindfleisch, etwa 3 kg Brot oder Semmeln und 800 g Bananen oder Marillen.    

Wo ist das Kalium im Körper?
Kalium ist vorwiegend (zu 98%) in den Zellen, und da wieder vorwiegend in den Muskelzellen (75%). In der Flüssigkeit außerhalb der Zellen (Blutflüssigkeit, Lymphflüssigkeit, Flüssigkeit zwischen den Zellen) sind nur 2%.

Wie scheiden wir Kalium wieder aus?
Kalium wird zu 90% über die Nieren im Harn ausgeschieden und zu etwa 10% im Stuhl über den Darm. Die ausgeschiedene Menge passt sich normalerweise der aufgenommenen Menge an. Wir scheiden also etwa soviel aus, wie wir aufnehmen.

Wie wird der Kaliumspiegel im Blut reguliert?
Zu hohes oder zu niedriges Kalium muss vermieden werden. Deswegen gibt es verschiedene Regulationsmechanismen:

  • Verschiebung von Kalium in die oder aus den Zellen (geht rasch).
    • Zuviel Kalium im Extrazellulärraum (also auch im Blut) - Kalium wird in die Zellen verschoben
      Wenn unser Körper nach dem Essen Kalium über den Darm aufnimmt, könnte unser Kaliumspiegel in der Blutflüssigkeit bedrohlich ansteigen, ja uns sogar umbringen, wenn das Kalium nicht innerhalb von Minuten von den Zellen aufgenommen würde. Gefördert wird der Einstrom in die Zellen von Insulin (wird nach Nahrungsaufnahme ausgeschüttet), dem Hormon Aldosteron und einem Mangel an Säure im Körper, der sog. Alkalose.
    • Zu wenig Kalium im Extrazellulärraum - Kalium wird aus den Zellen verschoben
      Bei Kaliummangel kann Kalium aus den Zellen abgegeben werden, um den Spiegel konstant zu halten. Dies passiert vermehrt wenn Insulin fehlt (Zuckerkrankheit), Aldosteron fehlt (Addison-Krankheit), bei Zellzerstörung, extremem Muskeltraining und durch manche Medikamente (siehe auch unter Kaliumerhöhung weiter unten).
  • Verminderte oder vermehrte Ausscheidung von Kalium über die Nieren (dauert länger).
    Die Regulation der Ausscheidung über die Niere ist sehr kompliziert und wird von vielen Faktoren beeinflusst. Es sei daher nur der wichtigste Faktor erwähnt, das Aldosteron:
    • Das Nebennieren-Hormon Aldosteron fördert die Kaliumausscheidung - der Kaliumspiegel sinkt.
    • Das Fehlen von Aldosteron hemmt die Ausscheidung - der Kaliumspiegel steigt.
Die Nebennieren (gelb-orange) Nebennieren
Die Nebennieren, hier gelb-orange dargestellt sitzen am oberen Nierenpol. Sie produzieren u.a. die Mineralokortikoide (z.B. Aldosteron), die Glukokortikoide (z.B. Cortisol) und die Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin.

 

Welche Beschwerden oder Probleme verursacht ein zu hoher Kaliumspiegel?
Allgemein: Schwäche, allgemeine Unlust, Verwirrtheit
Herz: langsamer Herzschlag, Herzrhythmusstörungen bis zum Herzstillstand.
Muskeln: Muskelzuckungen, Muskelschwäche, seltener Lähmungen.
Es können auch Missempfindungen (=Parästhesien: Kribbeln, Brennen, Taubheitsgefühl) - vor allem im Mundbereich - auftreten.
 
Muskelbeschwerden entstehen meist erst bei Spiegeln über 7.5 mmol/l. Im Elektrokardiogramm (EKG) sind Veränderungen aber schon früher zu sehen. Werte ab 8 mmol/l können tödlich sein, Werte über 10 mmol/l sind es meist.

Welche Beschwerden oder Probleme verursacht ein zu niedriger Kaliumspiegel?
Allgemein: Müdigkeit, Schwäche
Muskeln: Muskelschwäche, Muskellähmung, ev. auch Zerstörung von Muskelzellen (Rhabdomyolyse),
Darm: Appetitlosigkeit, Verstopfung, Lähmung der Darmmuskulatur (paralytischer Ileus)
Niere: Vermehrung der Harnmenge (Polyurie) durch auch vermehrte Trinkmenge (Polydipsie)
Herz: Herzrhythmusstörungen meist erst unter 3 mmol/l, bei gleichzeitiger Digitalis-Einnahme ("herzstärkendes" Mittel) oder vorbestehenden Herzkrankheiten auch schon früher: schneller Puls, Extra-Schläge, Leitungsstörungen, letztlich Herzstillstand.
 
Meist entstehen Beschwerden erst bei Kaliumspiegeln unter 3 mmol/l, sicher aber unter 2.5 mmol. Das Ausmaß der Beschwerden hängt wesentlich davon ab, wie schnell es dazu gekommen ist.

Wann bestimmt man Kalium im Blut?
In der Praxis gehört Kalium zu den Routinebestimmungen, auf die man bei der Erstuntersuchung selten verzichten kann. Besonders wichtig ist die Bestimmung bei Durchfällen, Erbrechen, Herzrhythmusstörungen, Einnahme von harntreibenden Mitteln (Diuretika), Einnahme von Abführmitteln, Bluthochdruck, Nierenversagen, Übersäuerung des Körpers oder Fehlen von Säure (Azidose/Alkalose), bei abnormen Befunden von Natrium, Magnesium, Calcium oder Phosphat, bei künstlicher Ernährung sowie bei intensivmedizinisch betreuten Patienten.
Daneben bestimmt man Kalium natürlich auch beim Auftreten von Beschwerden, wie sie für den zu hohen und zu niedrigen Kaliumspiegel oben beschrieben wurden.

   
REFERENZ-
BEREICH:
  Bereich Einheit Bereich Einheit Bereich Einheit
Blutflüssigkeit 3.5 - 5.5 mmol/l 3.5 - 5.5 mval/l 137 - 215 mg/l
Harn*
(Ausscheidung
pro Tag)
25 - 125 mmol/Tag 25 - 125 mval/Tag 978 - 4888 mg/Tag
Stuhl 3.3 - 19.3 mmol/Tag 3.3 - 19.3 mval/Tag 129 - 755 mg/Tag
Detaillierte, altersabhängige Referenzbereiche
in Blut, Harn und anderen Körperflüssigkeiten

*Bei Bestimmungen im Harn ist es meist besser, einen Tag lang Harn zu sammeln und die Tages-Ausscheidung zu messen. Man kann sich aber das eintägige Harnsammeln auch sparen und nur die Kalium-Konzentration in einer Harnprobe messen, sofern die Harnmenge des Patienten annähernd normal ist (1-1.5 Liter Harn pro Tag):
Ist Kalium in der Blutflüssigkeit erhöht oder erniedrigt, kann die Konzentration im Harn helfen, die verschiedenen in Frage kommenden Krankheiten zu unterscheiden. Dabei hat sich eine Grenze von 40 mmol/l und 20 mmol/l als hilfreich erwiesen. Ist die Konzentration von Kalium im Harn größer als 40 mmol/l oder 20 mmol/l, spricht das für bestimmte Krankheiten, ist sie geringer, für andere (siehe unter Erhöhung bzw. Verminderung von Kalium weiter unten).

   
 
Hinweis: aus isolierten, leichten Erhöhungen oder Erniedrigungen von Laborwerten kann man in den allermeisten Fällen keine Schlussfolgerungen auf irgendeine Erkrankung ziehen. Liegen also nur leichte Veränderungen vor, muss keineswegs irgendeine der nachfolgend genannten Erkrankungen oder Veränderungen vorliegen!
ERHÖHUNG
=
HYPERKALIÄMIE:

 

1. Kaliumverteilungsstörung (häufigere Ursache)
(weniger Kalium in den Zellen, mehr außerhalb der Zellen. Das Kalium ist daher in der Blutflüssigkeit erhöht.)
  • Bei Übersäuerung des Körpers (Azidose): Diabetische Ketoazidose bei Zuckerkrankheit, urämische Azidose bei Nierenversagen (Urämie)
  • Auch der Mangel an Insulin bei Hungerzuständen oder Zuckerkrankheit kann eine Erhöhung des Kaliumspiegels mitverursachen
  • Kalium wird aus zerstörten Zellen frei
    • Muskelzellzerstörung (=Myolyse; durch Gifte wie Alkohol, Heroin; Verletzungen; manche Erbkrankheiten; Phosphatmangel; Verletzungen)
    • Zerstörung der roten Blutkörperchen (=Hämolyse; Immunhämolyse bei Fehltransfusionen, Rhesusinkompatibilität des Neugeborenen, Infektionen oder unbekannter Ursache; toxische Hämolyse nach Gifteinwirkung, z.B. Schlangengift, Bakteriengift; verschiedene Erbkrankheiten: Kugelzellanämie, Sichelzellanämie, Thalassämie)
    • Zerstörung von Krebszellen bei der Leukämie oder Tumorbehandlung
  • Medikamente
    Digitalisvergiftung; Digitalis-Mittel sind "herzstärkende" Medikamente. Beta-Blocker, das sind Blutdrucksenker und Herzfrequenzsenker. Sie haben keinen großen Einfluss, können aber eine Neigung zu erhöhtem Kaliumspiegel verursachen.
    Succinylcholin, ein bei Operationen verwendetes Muskel-Entspannungsmittel.
  • Familiäre Hyperkaliämische Paralyse (Gamstorp-Syndrom; sehr selten)
    Erbliche Muskelschwäche, die nach körperlicher Belastung auftritt. Kalium strömt aus den Zellen heraus. Frühe Kindheit.

HARN: außer bei der urämischen Azidose ist in diesen Fällen die Ausscheidung von Kalium im Harn nicht vermindert (bzw. die Konzentration größer 40 mmol/l).

 

2. Es wird dem Körper zu viel Kalium zugeführt

Unter normalen Umständen kann die Niere überschüssiges Kalium aus der Nahrung ausscheiden. Eine zu große Aufnahme führt daher nur bei gleichzeitigem Nierenschaden oder bei extrem hoher Kaliumzufuhr durch

  • Tabletteneinnahme oder
  • Kalium-Infusion zur Erhöhung des Kaliumspiegels.
  • Auch eine Blutung in den Darm kann zur Kaliumbelastung führen, weil in den roten Blutkörperchen sehr viel Kalium enthalten ist.

HARN: in diesen Fällen ist die Ausscheidung von Kalium im Harn nicht vermindert (bzw. die Konzentration größer 40 mmol/l).

 

3. Es wird zu wenig Kalium ausgeschieden (häufige Ursache)
  • Längerdauernder Nierenschaden bzw. Nierenversagen mit Verminderung oder Fehlen der Harnbildung.
  • Plötzliches (akutes) Nierenversagen
  • Medikamente: manche Antibiotika (Trimethoprim z.B. in Bactrim®), Cyclosporin in Sandimmun®.
  • Seltener spezielle Nierenschäden mit Verminderung der Kaliumausscheidung (renal tubuläre Azidose Typ IV; meist bei Zuckerkrankheit und zunehmendem Nierenversagen; hyporeninämischer Hypoaldosteronismus).

HARN: in diesen Fällen ist die Ausscheidung von Kalium im Harn vermindert (bzw. die Konzentration kleiner 40 mmol/l).

 

4. Es wird zu wenig Kalium ausgeschieden UND es kann zu einer Verteilungsstörung kommen
(im Vordergrund steht die verminderte Ausscheidung, daneben kommt es aber auch zur Verschiebung von Kalium aus den Zellen)
  • Medikamente (häufige Ursache!)
    Besonders die sog. Kalium-sparenden, harntreibenden Mittel (kaliumsparende Diuretika) wie das Amilorid (in Tensoflux®, Moducrin®, Moduretic®, Amiloretik®, Aldoretic®), das Triamteren (in Jatropur®, Salodiur®, Inderal®, Tardurol®, Hydrotrix®, Diurid®, Diucomb®), das Spironolacton (im Aldactone®, Aldopur®, Buti-Spirobene®, Suprenoat®, Supracid®). In manchen Präparaten sind diese Diuretika aber mit einem nicht-kaliumsparenden harntreibenden Mittel kombiniert, was eine Erhöhung des Kaliumspiegels verhindern soll.
    ACE-Hemmer (Blutdruckmittel)
    Bestimmte Schmerz- und Entzündungshemmer (die nichtsteroidalen Antiphlogistika) z.B. Indometacin in Amuno®, Indobene®, Ibuprofen in Brufen®, Sulindac in Cinoril®
  • Addison Krankheit (Kaliumerhöhung nur in schweren Fällen)
    Bei der Addison-Krankheit fehlen die Mineralokortikoide, weil die Nebennieren nicht mehr funktionieren (das kann verschiedene Ursachen haben). Mineralokortikoide sind Hormone, das wichtigste ist das Aldosteron. Wenn sie fehlen, führt das zu einer verminderten Ausscheidung von Kalium in der Niere und zu einen verminderten Einstrom in die Zellen. Folge: der Kaliumspiegel steigt.
    Das Fehlen von Mineralokortikoiden wegen der Addison-Krankheit wird auch als Primärer Hypoaldosteronismus bezeichnet.
    Symptome der Addison-Krankheit sind u.a. Müdigkeit, Schwäche, Übelkeit, Erbrechen, niedriger Blutdruck und verstärkte Hautbräunung ohne UV-Lichteinfluss.
  • Isoliertes Fehlen der Mineralokortikoide (des Aldosterons)
    Bei der Addison-Krankheit fehlen die Mineralokoritkoide (Aldosteron) und die Glukokortikoide, weil die Nebenniere geschädigt ist (Glukokortikoide werden auch in der Nebenniere hergestellt). Wenn nur die Mineralokortikoide fehlen, kommen seltene, spezielle Krankheiten in Frage. Siehe Differentialdiagnose der Hyperkaliämie.

 

HARN: in diesen Fällen ist die Ausscheidung von Kalium im Harn vermindert (bzw. die Konzentration kleiner 40 mmol/l).

 

5. Pseudohyperkaliämie
("Falsch" hohes Kalium: Kalium nur im Röhrchen nicht aber im Körper erhöht; gewissermaßen eine Fehlbestimmung)
  • Zu lange Stauung (Absperren des Blutrückflusses mit Staubinde) bei der Blutabnahme
    Übersäuerung der Muskulatur führt zum Ausströmen von Kalium aus den Zellen. Besonders, wenn der Patient die Faust währenddessen öffnet und schließt.
  • Zerstörung der roten Blutkörperchen bei der Blutabnahme oder im Röhrchen
    Bei der Blutabnahme, besonders mit saugenden Vakuumröhrchen, bei schlechten Venen und schlecht sitzender Nadel können rote Blutkörperchen platzen. Das Serum ist dann rötlich gefärbt und sollte nicht für die Kaliumbestimmung verwendet werden.
  • Eine sehr hohe Plättchenzahl im Blut kann im Röhrchen zu einer Erhöhung des Kaliums führen, eventuell auch eine sehr hohe Zahl weißer Blutkörperchen.
  • Zu lange Lagerung des Blutes
    Auch wenn man Blut vor der Laboranalyse zu lange aufbewahrt (besonders im Eisschrank) strömt Kalium aus den roten Blutkörperchen und erhöht den Kaliumwert.

 

   
VERMINDERUNG
=
HYPOKALIÄMIE:

 

 

1. Es wird in der Niere zu viel Kalium ausgeschieden (häufigere Ursache)
  • Produktion zu großer Mengen von Mineralokortikoidhormonen (v.a. Aldosteron) in der Nebenniere:
    • Morbus Conn = sog. primärer Hyperaldosteronismus
      meist durch einen gutartigen Tumor verursacht, der ungezügelt Aldosteron produziert; hoher Blutdruck, niedriges Kalium und Beschwerden wie bei Kaliummangel (siehe oben)
    • Sekundärer Hyperaldosteronismus
      Kommt u.a. vor bei Nierenarterienverengung, Leberzirrhose, Herzschwäche, Nierenerkrankungen
  • Übermäßiger Lakritzenverzehr
  • Cushing-Syndrom: Produktion oder Gabe zu großer Mengen von Glukokortikoidhormonen (z.B. Cortisol):
    Meist produziert ein kleiner gutartiger Tumor der Hirnanhangsdrüse zu viel ACTH. Dieses wieder treibt die Nebennieren zur Glukokortikoidproduktion an. Seltener produzieren Tumoren der Nebenniere selbst ungezügelt Glukokortikoidhormone. Auch als Medikamente eingesetzte Glukokortikoide ("Kortison") können den Kaliumspiegel senken.
  • Adrenogenitales Syndrom
    Selten kann es auch beim sog. Adrenogenitalen-Syndrom (Vermännlichungssyndrom) zu verminderten Kaliumspiegeln kommen.
  • Einnahme bestimmter Medikamente
    Hier sind an erster Stelle bestimmte harntreibende Mittel zu nennen, die zur erhöhten Kaliumausscheidung im Harn führen (z.B. Lasix®, Hygroton®). Daneben auch hochdosiertes Penicillin, Aminoglykosid-Antibiotika, Cisplatin, Mannitol. Auch Carbenoxolon, das zur Behandlung von Magen und Zwölffingerdarmgeschwüren verwendet wurde, senkt den Kaliumspiegel.
  • Magnesiummangel
  • Bartter-Syndrom (inkl. Gitelman-Syndrom)
    Erbliche Erkrankungen mit Kaliumverlusten über die Niere. Renin hoch, Aldosteron hoch. Normaler Blutdruck. Classic Bartter-Syndrom: Neugeborene bis frühe Kindheit, Minderwuchs. Prostaglandin E2 im Harn hoch. Gitelman-Syndrom: Schulkinder bis Erwachsene. Magnesium niedrig. Keine Wachstumsstörungen. Aldosteron und Prostaglandine im Harn können normal sein. Unterscheidung durch unterschiedliche Reaktion auf Diuretika möglich.
  • Erbrechen
    Die Magensäureverluste führen in letzter Folge zu einer erhöhten Kaliumausscheidung in der Niere. Mit dem Erbrochenen selbst geht nur wenig Kalium verloren.
  • Liddle-Syndrom
    Erbliche Erkrankung mit Hochdruck und Kaliumverlusten
  • Bestimmte, spezielle Nierenschäden
    Meist erblich; im Kindesalter oder erst im Erwachsenenalter auffällig (renal tubuläre Azidosen Typ I und II, Fanconi-Syndrom)

HARN: in diesen Fällen ist die Ausscheidung von Kalium im Harn trotz Kaliummangels nicht vermindert (bzw. die Konzentration größer 20 mmol/l).

 

2. Kalium geht über den Darm verloren (häufigere Ursache)
  • Durchfälle
  • Missbrauch von Abführmitteln
  • Künstliche Darmausgänge
  • Abnorme Verbindungsgänge vom Darm nach außen oder von einem Darmabschnitt zum anderen (Darm-Fisteln)
  • Manche gutartigen Dickdarmtumoren
    Z.B. Kolonpapillom, Villöse Adenome. Diese können Kalium-reichen Schleim bilden.
  • Angeborene Chlorid-Durchfälle
    (Chlorid-Diarrhö; erblich; stark saure Durchfälle; seltene Erkrankung)
  • Kaliumverluste beim Erbrechen:
    Erbrechen führt zwar zu verminderten Kaliumspiegeln, die Kaliumverluste im Erbrochenen sind dabei aber nicht ausschlaggebend. Vielmehr kommt es durch den Magensäureverlust letztlich zu einer vermehrten Kaliumausscheidung in der Niere. Erbrechen gehört also eigentlich nicht in diese Gruppe.

HARN: in diesen Fällen ist die Ausscheidung von Kalium im Harn wegen des Kaliummangels eher vermindert (bzw. die Konzentration kleiner 20 mmol/l).

 

3. Kaliumverteilungsstörung (seltene Ursache)
(mehr Kalium in den Zellen, weniger außerhalb der Zellen. Das Kalium ist daher in der Blutflüssigkeit vermindert)
  • Künstliche Ernährung ohne Kaliumzufuhr
    Führt man in der Nährlösung Zucker zu, kommt es zur Ausschüttung von Insulin, was wiederum zum Einstrom von Kalium in die Zellen und dadurch zur Verminderung von Kalium in der Blutflüssigkeit führt. Um dies auszugleichen sollte also in der Nährlösung auch ausreichend Kalium enthalten sein.
  • Behandlungs- bzw. Abklingphase einer Diabetischen Entgleisung
    Durch die Behandlung kommt es zur Beseitigung der Übersäuerung, eventuell wird auch Insulin verabreicht. Beides führt zum Einstrom von Kalium in die Zellen, was ein Absinken des Kaliumspiegels in der Blutflüssigkeit zur Folge haben kann.
  • Zu wenig Säure im Körper (Alkalose)
    Wenn man durch Erbrechen Magensäure verliert, wenn zu viel alkalische Gruppen per Infusion zugeführt werden. Wenn man "zu viel" atmet - hyperventiliert: bei psychischen Problemen, Atmung in großer Höhe, Lungenerkrankungen, Blutarmut, Erkrankungen des Atmungssteuerzentrums im Gehirn u.a.
  • Stress-Hypokaliämie
    Durch einschneidende Ereignisse (Herzinfarkt, Asthma-Anfall o.ä.) werden große Mengen von Stresshormonen ausgeschüttet. Diese fördern den Einstrom von Kalium in die Zellen, in der Blutflüssigkeit sinkt der Kaliumspiegel dann. Auch eine entgleiste Schilddrüsenüberfunktion (thyreotoxische Krise) kann eine Hypokaliämie verursachen. Auch manche Medikamente (die sog. beta-Sympathomimetika [Asthmatherapie, Wehenhemmumg]) können auf ähnliche Weise den Kaliumspiegel senken.
  • Familiäre Hypokaliämische Paralyse (Westphal-Syndrom: selten)
    Erbliche Erkrankung mit vorübergehenden Muskelschwächen oder Lähmungen und Absinken des Kaliumspiegels. Ausgelöst durch Mahlzeit oder Anstrengung. Kinder und Jugendliche.

HARN: der Kaliummangel besteht bei manchen Verteilungsstörungen nur kurzfristig oder es stellt sich ein neues Gleichgewicht ein. Die Ausscheidung im Harn wird daher meist nicht vermindert sein  (bzw. Konzentration größer als 20 mmol/l).

 

4. Es wird dem Körper zu wenig Kalium zugeführt (seltene Ursache)
  • Künstliche Ernährung mit zu geringer Kaliumzufuhr
    Wird bei der Zusammenstellung der Nährlösungen zuwenig Kalium beigegeben, könnte langfristig ein Mangel entstehen.
  • extrem einseitige Ernährung oder Mangelernährung
    Dadurch kann theoretisch ein Kaliummangel entstehen. Da die Niere aber die Kaliumausscheidung stark vermindern kann und Kalium in sehr vielen Nahrungsmitteln enthalten ist, kommt dies nur selten vor (Alkoholiker, Magersucht / Anorexie).
  • Vermehrter Kaliumbedarf
    Bei einer Blutarmut aufgrund von Eisen- oder Vitamin B12-Mangel werden bei Behandlung (d.h. Gabe von Eisen oder Vitamin B12) sehr rasch sehr viele rote Blutkörperchen gebildet. Dazu braucht der Körper viel Kalium. Das könnte zu einem kurzfristigen Kaliummangel führen.

HARN: in diesen Fällen ist die Ausscheidung von Kalium im Harn wegen des Kaliummangels eher vermindert (bzw. Konzentration kleiner 20 mmol/l).

 

   
   
 
Kalium im Harn
INFO:
1. Kalium im Harn ist ergänzende Information

Die Bestimmung von Kalium im Harn hat besonders als ergänzende Information beim Vorliegen eines zu hohen oder zu niedrigen Kaliums im Blut Bedeutung:

  • Ist Kalium im Blut zu hoch spricht eine verminderte Ausscheidung im Harn dafür, dass von der Niere zu wenig Kalium ausgeschieden wird.
  • Ist Kalium im Blut zu niedrig spricht eine hohe Ausscheidung im Harn dafür, dass Kalium über die Nieren verloren geht.

 

 

2. Kaliumausscheidung nahrungsabhängig

Die Kaliumausscheidung ist sehr stark von der in der Nahrung aufgenommenen Menge abhängig. Der Referenzbereich (Normalbereich) ist daher sehr breit. Bei vielen der nachfolgenden, prinzipiell möglichen Ursachen einer erhöhten oder erniedrigten Kaliumausscheidung kann es daher vorkommen, dass der Referenzbereich nicht über- oder unterschritten wird.

Folgerung:

Man muss den Wert im Harn unbedingt mit dem im Blut vergleichen, um zu erkennen, ob zu viel oder zu wenig ausgeschieden wird.
 
Beispiel: Findet man im Harn eine Konzentration von 50 mmol/l, ist das nicht unbedingt zu viel, wenn das Kalium im Blut normal ist. Ist das Kalium im Blut aber zu niedrig, dann sollte nicht soviel Kalium ausgeschieden werden, die Ausscheidung von Kalium ist also zu hoch.

Faustregel bei erniedrigtem Kalium in der Blutflüssigkeit (Hypokaliämie):
Kalium im Harn kleiner 20 mmol/l: kein Kaliumverlust über die Niere.
Kalium im Harn größer 20 mmol/l: Kaliumverlust über die Niere.

Faustregel bei erhöhtem Kalium in der Blutflüssigkeit (Hyperkaliämie):
Kalium im Harn kleiner 40 mmol/l: Ausscheidung in der Niere ist zu gering.
Kalium im Harn größer 40 mmol/l: Kaliumausscheidung in der Niere in Ordnung.

VERMEHRTE
AUSSCHEIDUNG
VON KALIUM IM
HARN =
HYPERKALIURIE:

Nähere Info zu den einzelnen Ursachen bei der Beschreibung der Blut-Kaliumspiegel weiter oben.

 

Eine vermehrte Ausscheidung von Kalium im Harn kommt vor allem bei den Erkrankungen mit einem erniedrigtem Kaliumspiegel im Blut vor, der durch vermehrte Ausscheidung in der Niere bedingt ist.
  • Produktion zu großer Mengen von Mineralokortikoidhormonen (v.a. Aldosteron) in der Nebenniere:
    • Morbus Conn = sog. primärer Hyperaldosteronismus
    • Sekundärer Hyperaldosteronismus
      Kommt u.a. vor bei Leberzirrhose, Herzschwäche, Nierenerkrankungen
  • Produktion oder Gabe zu großer Mengen von Glukokortikoidhormonen (z.B. Cortisol): Cushing-Syndrom
  • Übermäßiger Lakritzenverzehr
  • Einnahme bestimmter Medikamente
    Harntreibende Mittel, z.B. Lasix®, Hygroton®), hochdosiertes Penicillin, Aminoglykosid-Antibiotika, Cisplatin, Mannitol.
  • Magnesiummangel
  • Bartter-Syndrom
  • Erbrechen
  • Liddle-Syndrom
  • Nierenschäden (wenn noch viel Harn produziert wird)
  • Bestimmte, spezielle Nierenschäden
    renal tubuläre Azidosen Typ I und II, Fanconi-Syndrom

Daneben führen auch Alkalosen zu einer vermehrten Ausscheidung von Kalium im Harn.

 

Die Kaliumausscheidung im Harn kann auch vermehrt sein bei den Erkrankungen mit erhöhtem Kalium im Blut:
  • Zu große Kalium-Aufnahme
    • Kalium-Tabletten
    • Infusionen
    • Blutungen in den Darm

Ist die Vermehrung von Kalium im Blut durch eine Verschiebung von Kalium aus den Zellen verursacht, kann die Kaliumausscheidung im Harn (eventuell aber nur kurzfristig) vermehrt sein

  • Vermehrtes Kalium wegen Übersäuerung des Körpers (Azidose)
  • Kalium wird aus zerstörten Zellen frei
    • Muskelzellzerstörung
    • Zerstörung der roten Blutkörperchen
    • Zerstörung von Krebszellen

 

   
VERMINDERTE
AUSSCHEIDUNG
VON KALIUM IM
HARN =
HYPOKALIURIE:

Nähere Info zu den einzelnen Ursachen bei der Beschreibung der Blut-Kaliumspiegel weiter oben.

 

Eine verminderte Ausscheidung von Kalium im Harn kommt vor allem bei den Erkrankungen mit einem erhöhtem Kaliumspiegel im Blut vor, der durch verminderte Ausscheidung in der Niere bedingt ist.
  • Nierenschaden bzw. Nierenversagen mit Verminderung oder Fehlen der Harnbildung.
  • Seltener spezielle Nierenschäden mit Verminderung der Kaliumausscheidung (renal tubuläre Azidose Typ IV)
  • Addison Krankheit
  • Medikamente
    Kalium-sparende, harntreibende Mittel
    ACE-Hemmer (Blutdruckmittel)
    Bestimmte Schmerz- und Entzündungshemmer
    Manche Antibiotika
    Cyclosporin

 

Die Kaliumausscheidung im Harn kann auch vermindert sein bei den Erkrankungen mit erniedrigtem Kalium im Blut:
  • Zu geringe Kalium-Aufnahme
    • extrem einseitige Ernährung oder Mangelernährung
    • Vermehrter Kaliumbedarf bei Behandlung einer Blutarmut
  • Kaliumverluste über den Darm
    • Durchfälle
    • Missbrauch von Abführmitteln
    • Künstliche Darmausgänge
    • Krankhafte Verbindungsgänge vom Darm nach außen oder von einem Darmabschnitt zum anderen (Darm-Fisteln)
    • Manche gutartigen Dickdarmtumoren

 

   
   

 

Serum oder Heparinplasma (Lithium- oder Ammoniumheparinat). Plasma ist prinzipiell zu bevorzugen, weil bei der Gerinnung Kalium aus Thrombozyten frei wird und den Kaliumwert leicht erhöht. Plasmawerte liegen daher etwas unter den Serumwerten.

Urinproben benötigen kein Stabilisierungs- oder Konservierungsmittel. Haltbarkeit 14 Tage bei Raumtemperatur.

   

 

Probenlagerung
Serum oder Plasma sollte möglichst schnell von den Zellen abgetrennt werden, ansonsten rascher Anstieg des Kaliums:
Pro Stunde steigt das Kalium ohne Abtrennung um 0.15 mmol/l bei Raumtemperatur und um 0.25 mmol/l bei 4°C.

Stabilität des Kaliumwertes in abgetrenntem und verschlossenem Serum oder Plasma 2 Wochen bei 4°C und auch bei Raumtemperatur. Bei -20°C langfristig stabil.

Stauung bei der Blutabnahme
Übersäuerung der Muskulatur führt zum Ausströmen von Kalium aus den Zellen. Besonders, wenn der Patient die Faust währenddessen öffnet und schließt.

   

 

Flammenphotometrie
Die klassische Methode zur Bestimmung von Kalium ist die Flammenphotometrie. Wird Kalium in der Flamme erhitzt, entsteht eine charakteristische, violette Farbe, die man messen kann.

 

ISE (Ionen-Selektive Elektrode)
Da man Flammenphotometer nicht so leicht in Chemie-Analysatoren einbauen kann und zusätzlich eine Gasquelle benötigt wird hat sich heute die sog. ISE-Methode durchgesetzt. Eine exakte Darstellung würde an dieser Stelle zu weit führen. Das Prinzip extrem vereinfacht: bringt man in eine Flüssigkeit positiv geladene Ionen, dann wird diese gewissermaßen positiv geladen sein. Sorgt man jetzt dafür, dass die Probe, die man messen möchte, nur durch eine Membran getrennt an dieser Flüssigkeit vorbeifließt, dann können Ionen aus der Probe durch die Membran in die Flüssigkeit übertreten und diese aufladen. Lässt die verwendete Membran nur Kalium-Ionen durch, dann wird die Ladung der Flüssigkeit von der Kaliumkonzentration in der Probe abhängen. Misst man die Ladung, hat man die Kaliumkonzentration.

 

Enzymatisch-spektrometrische Verfahren
Kaliumionen können ein bestimmtes Enzym aktivieren, die Pyruvatkinase. Dieses Enzym kann eine Reaktion auslösen, die man mit einem Photometer beobachten kann.
   
INTER-
FERENZEN:

 

Hämolyse
Hämolytisches Serum oder Plasma liefert durch aus den roten Blutkörperchen frei gewordenes Kalium falsch hohe Kaliumwerte. Die Analytik selbst ist nicht beeinträchtigt (ISE).

Ikterus
Keine Beeinträchtigung (der ISE-Methoden).

Lipämie
Bei stark lipämischen Proben kann eine vorherige Klärung notwendig werden (für ISE-Methoden).

Thrombozyten, Leukozyten
Eine sehr hohe Thrombozytenzahl  eventuell auch eine sehr hohe Zahl von Leukozyten im Blut kann im Röhrchen zu einer Erhöhung des Kaliums führen, weil aus den Zellen Kalium frei wird. Dies gilt besonders bei der Verwendung von Serum. Verwendung von Plasma statt Serum kann dies verhindern oder zumindest vermindern. Gilt für alle Methoden.

   

 

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Letzte Änderung 2003-05-31

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