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Natrium - Übersicht
Univ.Prof.Dr.med. Wolfgang Hübl
NAME:
Der Name "Natrium" leitet sich vom Hebräischen "neter" ab, was Soda bedeutet. Soda ist Natriumkarbonat und wurde als Waschmittel verwendet.
   
INFO:
Was ist Natrium?
Chemisch gesehen ist Natrium ein sog. Alkali-Metall. Im Körper kommt Natrium aber nie in metallischer Form, sondern vorwiegend als in Flüssigkeit gelöstes Natrium-Ion vor (wenn sie Kochsalz, also Natriumchlorid,  im Wasser lösen, bilden sich auch Natrium-Ionen im Wasser). Im klinischen Sprachgebrauch spricht man trotzdem der Einfachheit halber immer von "Natrium", auch wenn dies chemisch nicht korrekt ist.
 
Natrium in eine Flamme gehalten Hält man Natrium in die Flamme verfärbt sich
diese gelb. Rechts zum Vergleich
Kalium (violett). Mit diesem Prinzip bestimmte
man früher im Labor u.a. Natrium und Kalium 
(Flammenphotometrie). Heute verwendet man
einfachere, aber nicht unbedingt bessere
Methoden.
Kalium in eine Flamme gehalten

 

Wofür ist Natrium im Körper wichtig?
Natrium ist das wichtigste geladenen Teilchen (Kation) der Flüssigkeit außerhalb der Zellen (Extrazellulärraum: Raum zwischen den Zellen, Blutflüssigkeit, Lymphflüssigkeit). Dadurch hat Natrium natürlich auch Bedeutung für das elektrische Potential der Zellen, für die Nervenleitung, den Herzrhythmus und die Muskelarbeit.
Die größte Bedeutung besitzt Natrium aber bei der Regulation des Wasserhaushaltes des Menschen. Wir müssen genug Wasser im Extrazellulärraum haben, damit unser Kreislauf funktioniert und unsere Gewebe nicht "austrocknen". Wir dürfen aber nicht zu viel Wasser haben. Das würde zu hohem Blutdruck und/oder Wassersucht (=Ödeme; Wasser z.B. in den Beinen oder im Gesicht) führen.
Für diese Regulation ist das Natrium sehr wichtig, weil es Wasser gewissermaßen anzieht und so mit der Natriumverteilung im Körper auch die Wasserverteilung wesentlich beeinflusst wird.

 

Wie kommen wir zu Natrium?
Natrium wird über die Nahrung aufgenommen. Eine durchschnittliche Ernährung enthält ausreichend Natriumchlorid (130 bis 260 mmol = 7.6 - 15.2 Gramm). Es spricht sogar einiges dafür, dass die durchschnittlich aufgenommene Menge zu hoch ist und Krankheiten wie den hohen Blutdruck mitverursachen könnte.

 

Wie scheiden wir Natrium wieder aus?
Natrium wird vor allem über die Nieren im Harn ausgeschieden (40 - 220 mmol, je nach Nahrungsaufnahme), nur ein kleinerer Teil im Stuhl über den Darm.  Schwitzen kann auch eine nennenswerte Natriumausscheidung bedeuten. Normalerweise werden etwa 10 bis 40 mmol pro Tag im Schweiß ausgeschieden. Das kann in heißen Gegenden oder bei extremer Anstrengung aber auch viel mehr werden. Besonders Personen, die noch nicht an das Klima angepasst sind, können über 260 mmol (15 Gramm) Salz pro Tag verlieren.
Anmerkung: Schweiß hat aber einen geringeren Natriumgehalt als die Blutflüssigkeit. Man verliert also über den Schweiß "mehr" Wasser als Natrium, man muss also als Ausgleich auch mehr Wasser als Salz zuführen.

 

Der Natriumspiegel darf nur wenig schwanken!
Wegen der großen Bedeutung für den Wasserhaushalt des Körpers muss der Natriumspiegel sehr genau reguliert sein. Der Referenzbereich (Normalbereich) ist daher sehr eng: 135 - 145 mmol/l. Das ist eine Schwankungsbreite von nur etwa ±4%. Zum Vergleich: der Normalbereich für Blutzucker oder Kalium umspannt etwa ±20%.

 

Zu wenig Natrium heißt nicht unbedingt zu wenig Natrium!
Diese unlogische Überschrift soll auf eine Besonderheit hinweisen, die für die Verständnis des Natriumspiegels im Blut sehr wichtig ist:

  • Ist der Natriumspiegel (= die Natriumkonzentration) im Blut zu niedrig kann das zwei prinzipiell völlig unterschiedliche Ursachen haben:
  1. Wir haben wirklich zu wenig Natrium aufgenommen und/oder zuviel ausgeschieden und haben jetzt zu wenig Natrium im Körper. Man nennt das auch Natriumbilanzstörung. Das kann zu einem niedrigen Natriumspiegel führen, ist aber seltener. Häufiger ist  die zweite mögliche Ursache an einem niedrigen Spiegel schuld:
  2. Wir haben zu viel Wasser aufgenommen und/oder zuwenig ausgeschieden. Die Natriummenge im Körper ist so groß wie immer, es ist nur mehr verdünnt. Es ist in mehr Wasser verteilt. Es liegt dann eine Wasserbilanzstörung vor.

 

Auch ein erhöhter Natriumspiegel kann völlig unterschiedliche Ursachen haben!

  • Ist der Natriumspiegel also die Natriumkonzentration im Blut zu hoch kann auch das zwei prinzipiell völlig unterschiedliche Ursachen haben:
  1. Wir haben wirklich zu viel Natrium aufgenommen und/oder zuwenig ausgeschieden und haben jetzt zu viel Natrium im Körper. Man nennt das auch Natriumbilanzstörung. Das kann zu einem erhöhten Natriumspiegel führen, ist aber seltener. Häufiger ist die zweite mögliche Ursache an einem erhöhten Spiegel schuld:
  2. Wir haben zu wenig Wasser aufgenommen und/oder zuviel ausgeschieden. Die Natriummenge im Körper ist so groß wie immer, es ist nur konzentrierter. Es ist in weniger Wasser verteilt. Es liegt dann also eine Wasserbilanzstörung vor.

Verkompliziert wird das ganze noch dadurch, dass es häufig kombinierte Störungen gibt, also Störungen der Wasserbilanz und der Natriumbilanz. Dies führt dazu, das exakte Deutungen des Natrium- und Wasserhaushaltes manchmal sehr schwierig sind. Oft ist es aber ausreichend, die im Vordergrund stehende Störung zu erkennen.

 

Der Natriumspiegel wird durch den Wasserhaushalt reguliert

A. Wenn uns Wasser fehlt, dann ist das Natrium in zu wenig Wasser verteilt, es ist zu konzentriert:
Das merken Sensoren (Fühler) in einem Teil des Zwischenhirns, dem Hypothalamus. Sie bewirken,

  1. dass die Hirnanhangsdrüse ein Hormon ausschüttet, das dafür sorgt, dass in der Niere weniger Wasser ausgeschieden wird. Das Hormon heißt antidiuretisches Hormon, kurz ADH.
  2. dass wir Durst haben und Wasser trinken.

Das führt durch eine Verdünnung des Natriums im Blut zu einer Abnahme der Natriumkonzentration.

B. Wenn wir zu viel Wasser haben:
Das merken diese Sensoren natürlich auch und es wird weniger ADH ausgeschüttet. Wir haben keinen Durst und scheiden mehr Wasser im Harn aus.
Das führt durch einer "Eindickung" des Natriums im Blut zu einer Zunahme der Natriumkonzentration.

Schema von Hypothalamus und Hypophyse

ADH-Bildung
Gebildet wird das ADH im Hypothalamus. Dann wird es in den hinteren Teil der Hirnanhangsdrüse transportiert und dort bei Bedarf ans Blut abgegeben.
Das ADH wirkt auf die Nieren und vermindert dort die Wasserausscheidung.

Der Blutdruck hat aber auch Einfluss auf die ADH-Ausschüttung
Die ADH-Ausschüttung wird nicht nur von der Konzentration der Salze im Blut bestimmt. Auch der Blutdruck und das Blutvolumen haben Einfluss auf die ADH-Ausschüttung und den Durst (geringer Blutdruck, Blutverlust, zu wenig Flüssigkeit im Kreislaufsystem führt zur ADH-Ausschüttung und zu Durst).

 

Die Natriumausscheidung wird im Wesentlichen durch die Flüssigkeitsmenge im Kreislauf bestimmt, nicht durch den Natriumspiegel im Blut

A. Wenn Blutvolumen fehlt, der Blutdruck niedrig ist:
Das merken Drucksensoren im Herzen, anderen Blutgefäßen und in den Nieren. Sie bewirken,

  • dass die Hormone Angiotensin II und Aldosteron (letzteres in der Nebennniere) vermehrt gebildet werden. Dies führt zum Zurückhalten von Natrium und Wasser in der Niere.
  • dass wir "Salzhunger" haben.

Das führt durch Vermehrung von Natrium und Wasser im Körper zu einer Steigerung des Blutvolumens und Blutdrucks. Die Natriumkonzentration steigt dabei kaum oder gar nicht.

B. Wenn wir zu viel Blutvolumen und/oder Blutdruck haben:
Den hohen Druck merken diese Drucksensoren auch und es wird dann

  • weniger Angiotensin II und Aldosteron gebildet wird und
  • wir haben keinen Salzhunger. Hingegen werden im Herzen
  • vermehrt die sog. Natriuretischen Peptide (Atriales Natriuretisches Peptid, ANP; Brain-type Natriuretisches Peptid, BNP) freigesetzt, die zu einer vermehrten Ausscheidung von Natrium und Wasser in der Niere führen.
  • Auch der hohe Blutdruck selbst führt zur vermehrten Ausscheidung von Wasser und Salz in der Niere.

Das alles führt zu einer Verminderung von Natrium und Wasser im Körper. Die Natriumkonzentration sinkt dabei kaum oder gar nicht.

Die Nebennieren (gelb-orange) Nebennieren
Die Nebennieren, hier gelb-orange dargestellt sitzen am oberen Nierenpol. Sie produzieren u.a. das Aldosteron.
Aldosteron vermindert die Ausscheidung von Natrium und Wasser in der Niere.


Die oben nur skizzierten Zusammenhänge des Wasser- und Natriumhaushalts sind (nicht nur für Laien) ziemlich kompliziert. Eines ist aber zum Verständnis des Natriums im Blut wichtig: Abweichungen des Natriumspiegels im Blut sind Hinweise auf eine Störung im Wasserhaushalt des Körpers. Sie sind weniger häufig durch eine Störung des Natriumhaushalts verursacht.

 

Welche Beschwerden oder Probleme verursacht ein zu hoher Natriumspiegel?
Es sind eher schwere Erkrankungen, die zu einem erhöhten Natriumspiegel führen. Es ist also unwahrscheinlich, dass sich bei einem unauffälligen, scheinbar gesunden Menschen gewissermaßen unbemerkt ein erhöhter Spiegel auftritt.
Das Hauptzeichen ist der Durst. Dazu kommt Verwirrtheit, Krämpfe, Koma (Bewusstlosigkeit), Hirnblutungen, Gefäßverstopfungen (Thrombosen).
Die Ursache der Probleme liegt darin, dass das Natrium in der Flüssigkeit, die die Zellen umgibt, zu hoch ist. Das zieht Wasser aus diesen Zellen, sie schrumpfen und funktionieren nicht mehr richtig. Am meisten trifft das unser Gehirn. Entscheidend ist auch, wie schnell es zu einem erhöhten Natrium kommt. Je langsamer die Veränderung eintritt, desto besser kann sie der Körper verkraften.
Wenn dazu noch ein Flüssigkeitsmangel besteht, kommen Zeichen des Flüssigkeitsmangels dazu: trockene Schleimhäute, Schlaffheit des Hautgewebes, niedriger Blutdruck und schneller Puls beim Aufstehen.
Wenn dazu noch eine Flüssigkeitsüberladung kommt, kommen Zeichen der Flüssigkeitsüberladung dazu: Gewichtszunahme, Schwächegefühl, Atemnot bei Belastung, geschwollene Augen am Morgen, geschwollene Füße am Abend, Flüssigkeitsansammlungen (Ödeme) in der Lunge, dem Bauchraum, den Beinen.

Welche Beschwerden oder Probleme verursacht ein zu niedriger Natriumspiegel?
Leichte Persönlichkeitsveränderungen, Lethargie, Verwirrung. Unter einem Natrium von 120 mmol/l kommt es dann zu Hirndruckzeichen: Kopfschmerz, Erbrechen, Bewusstseinstrübung bis zum Koma, Krampfanfälle. Die Probleme entstehen, weil in der Flüssigkeit, die die Zellen umgibt, zu viel Wasser und zu wenig Natrium ist. Das Wasser dringt in die Zellen ein, sie schwellen an. Das Gehirn im Schädel kann aber nicht anschwellen, der Hirndruck steigt. Entscheidend ist auch, wie schnell es zu einem verminderten Natrium kommt. Je langsamer die Veränderung eintritt, desto besser kann sie der Körper verkraften.

   
REFERENZ-
BEREICH:
  Bereich Einheit Bereich Einheit Bereich Einheit
Blutflüssigkeit 135 - 145 mmol/l 135 - 145 mval/l 3.11 - 3.34 g/l
Tages-
ausscheidung
40 - 220 mmol/Tag 40 - 220 mval/Tag 0.9 - 5.1 g/Tag
Detaillierte, altersabhängige Referenzbereiche
in Blut, Harn und anderen Körperflüssigkeiten
   
 
Hinweis: aus isolierten, leichten Erhöhungen oder Erniedrigungen von Laborwerten kann man in den allermeisten Fällen keine Schlussfolgerungen auf irgendeine Erkrankung ziehen. Liegen also nur leichte Veränderungen vor, muss keineswegs irgendeine der nachfolgend genannten Erkrankungen oder Veränderungen vorliegen!
ERHÖHUNG
(=HYPERNATRIÄMIE):

 

Anmerkung: Es soll Sie nicht beirren, dass manche Erkrankungen (wie z.B. Durchfall, Verbrennungen) als Ursache einer Erhöhung und auch als Ursache einer Erniedrigung genannt sind. Das hängt letztlich davon ab, ob bei diesen Flüssigkeitsverlusten mehr Natrium oder mehr Wasser verloren gegangen ist. Und davon, wieviel Salz und Wasser zugeführt wurde.

Prinzipiell sind es drei Ursachen, die zu einer Erhöhung des Natriums im Blut führen können:

1. Zu geringe Wasseraufnahme

2. Zu große Wasserverluste

3. Zu große Natriumzufuhr oder zu geringe Ausscheidung

 

 

1. Zu geringe Wasseraufnahme
Das Natrium verteilt sich in weniger Wasser, die Konzentration steigt also.
  • Gestörtes Trinkverhalten - vermindertes Durstgefühl
    (Hirngefäßverkalkung [alte Menschen], Hirntumoren, Psychosen, Hirnhautentzündung, Schädelverletzungen)
  • Bewusstlose Patienten
  • Probleme der Wasseraufnahme
    (Schluckhindernis z.B. bei Tumoren der Speiseröhre)
  • Wassermangel

 

2. Zu große Wasserverluste
Das Natrium verteilt sich in weniger Wasser, die Konzentration steigt also. Zu einer Erhöhung kommt es besonders dann, wenn die Wasserverluste aus irgendeinem Grund nicht durch Trinken ausgeglichen werden können.

a) Wasserverluste außerhalb der Niere

  • Wasserverluste über die Haut
    Schwitzen, "unmerkliche" Wasserabgabe. Vermehrt bei Fieber, Anstrengung. Wasserverlust der Haut bei Verbrennungen.
  • Wasserverluste über den Darm
    Durchfälle.
  • Wasserverluste über die Lunge
    Maschinelle Beatmung mit zu trockener Luft.
  • Wasserverluste bei Blutwäsche (Dialyse)
    Wenn zu konzentrierte Lösungen eingesetzt werden. Besonders bei der Peritoneal-Dialyse.

b) Die Niere scheidet zu viel Wasser aus

  • Es wird zu wenig antidiuretisches Hormon (ADH) von der Hirnanhangsdrüse ausgeschüttet. Dies nennt man "Zentraler Diabetes insipidus"
    Mögliche Ursachen: Schädelverletzungen, Hirntumoren, Entzündungen der Hirnhaut oder des Gehirns; nach operativer Entfernung der Hirnanhangsdrüse.
  • Die Niere reagiert nicht auf das ADH, auch "Renaler Diabetes insipidus" genannt.
    Das kann wegen einer Erbkrankheit (Männer betroffen), aber auch bei bei verschiedenen Schädigungen der Niere auftreten: Schädigung wegen zu hohen Kalziumspiegels, zu niedrigem Kaliumspiegels, Nierenentzündungen, Zystennieren, Nierenamyloidose, Medikamenten-verursacht (Lithium, Tetrazykline, Pilzmedikamente, früher verwendete Narkosemittel) oder nach einem akuten Nierenversagen.
  • Sehr selten kann es in der Schwangerschaft zu einem beschleunigten Abbau des ADH und dadurch zu einer verringerten Wirkung kommen.
  • Sog. Osmotische Diurese
    Wenn wir über die Niere größere Mengen bestimmter Stoffe Ausscheiden, dann "nehmen diese Wasser mit". Das passiert beim Zuckerkranken, der sehr viel Zucker ausscheidet, nach Gabe von Mannit oder durch den Harnstoffanfall bei eiweißreicher künstlicher Ernährung (Harnstoff ist ein Eiweißabbauprodukt). Zum erhöhtem Natriumspiegel führt das besonders dann, wenn die Wasseraufnahme aus irgendeinem Grund gestört ist (fehlendes Durstgefühl, keine Möglichkeit, Bewusstlosigkeit).

 

3. Zu große Natriumzufuhr oder zu geringe Ausscheidung
  • Zu große Zufuhr
    Diese so offensichtliche Ursache für einen erhöhten Natriumspiegel führt eher selten wirklich zu einer Erhöhung, weil eine vermehrte Natrium-Zufuhr durch vermehrtes Trinken und vermehrte Natriumausscheidung in der Niere gut ausgeglichen wird.
    Es kann aber bei Kleinkindern durch zu salzige Nahrungszufuhr bei Erwachsenen durch Natrium-haltige Infusionen oder Trinken von Meerwasser vorkommen.
     
  • Zu geringe Ausscheidung
    Bei der Überproduktion des Hormons Aldosteron (primärer Hyperaldosteronismus, Conn-Syndrom) kann es zu leichten Natriumerhöhungen kommen. Auch bei Überproduktion von Glukokortikoid-Hormonen (Cushing-Syndrom) kann es dazu kommen.
    
VERMINDERUNG
(=HYPONATRIÄMIE):

 

 

Anmerkung: Es soll Sie nicht beirren, dass manche Erkrankungen (wie z.B. Durchfall, Verbrennungen) als Ursache einer Erhöhung und auch als Ursache einer Erniedrigung genannt sind. Das hängt letztlich davon ab, ob bei diesen Flüssigkeitsverlusten mehr Natrium oder mehr Wasser verloren gegangen ist. Und davon, wieviel Salz- und Wasser zugeführt wurde.

Prinzipiell sind es sechs Ursachen, die zu einer Verminderung des Natriums im Blut führen können:

1. Zu große Wasseraufnahme oder -zufuhr

2. Zu geringe Wasserausscheidung (häufig)

3. Austritt von Wasser aus den Zellen

4. Zu große Natriumausscheidung

5. Pseudohyponatriämie (falsch niedriges Natrium)

 

 

1. Zu große Wasseraufnahme oder -zufuhr
Das Natrium wird durch das aufgenommene Wasser verdünnt.
  • Falsche Infusionstherapie, Sondenernährung
  • Abnorme Trinkmengen aufgrund psychischer Störungen oder Alkoholismus
  • Selten bei Sportlern nach Anstrengungen und großer Trinkmenge
    (Verminderung der Natriumkonzentration kann Vorkommen, hat aber verschiedene Ursachen, nicht nur die große Wasserzufuhr)
  • Magenspülungen, Blasenspülungen oder Einläufe mit zu wässrigen, salzarmen (hypotonen) Lösungen

 

2. Zu geringe Wasserausscheidung
Folge: das Natrium wird verdünnt, die Konzentration sinkt.
  • Syndrom der inadäquaten Ausschüttung von Antidiuretischem Hormon (SIADH, Schwartz-Bartter-Syndrom)
    Obwohl es nicht notwendig wäre, wird Antidiuretisches Hormon (ADH) ausgeschüttet. Folge: es wird zu wenig Wasser ausgeschieden.
    • Tumoren, die selbst (ungezügelt) ADH produzieren (v.a. Lungen- u. Bauchspeicheldrüsenkrebs)
    • Störungen der Steuerzentren der ADH-Ausschüttung durch Erkrankungen im Gehirn (Entzündungen, Tumoren, Verletzungen, Gefäßmissbildungen).
    • Lungenerkrankungen (Entzündung, Tuberkulose, Beatmung)
    • Medikamente (Chemotherapie-Medikamente, Lipidsenker, Rheuma-Schmerz-Mittel u.v.a.)
    • Eine hinterhältige, erbliche Stoffwechselkrankheit, die Akute Intermittierende Porphyrie sei noch erwähnt. Psychische Symptome (Halluzinationen, Desorientiertheit, Angstzustände), krampfartige Bauchschmerzen und hoher Blutdruck führen oft auf völlig falsche Fährten. Aus verschiedenen Gründen kann es bei dieser Erkrankung zur Vemrinderung von Natrium kommen.
  • Mangel an Glukokortikoiden (Hormone der Nebennierenrinde)
    Störungen der Hirnanhangsdrüse, nach Absetzen von Glukokortikoidmedikamenten ("Cortison")
  • Bei schwerer Unterfunktion der Schilddrüse (Hypothyreose)
  • Nach Operationen (etwa ein Patient von 20)
  • Bei Krankheiten mit massiver Wasseransammlung im Gewebe (Ödem-Erkrankungen)
    Schwere Herzschwäche, schwere Leberzirrhose, Eiweißverlustniere (nephrotisches Syndrom). 
  • Störung der Ausscheidung von Wasser in der Niere
    Sowohl beim plötzlich auftretenden (akuten) Nierenversagen mit wenig Harn (Oligurie) als auch beim sich länger entwickelnden (chronischen) Nierenversagen kann zu einer Verminderung des Natriumspiegels kommen. Die geschädigte Niere hat Probleme, aufgenommenes Wasser wieder auszuscheiden.
  • Medikamente
    Manche fördern die Ausschüttung von ADH (siehe SIADH oben), manche verstärken seine Wirkung in der Niere.

 

3. Austritt von Wasser aus den Zellen

Hat man zu viele wasseranziehende Teilchen in der Blutflüssigkeit, ziehen diese das Wasser aus den Zellen. Das ausströmende Wasser verdünnt die Blutflüssigkeit und führt so führt zu einer verminderten Natriumkonzentration. Das kommt zum Beispiel bei Zuckerkranken mit sehr hohem Blutzuckerspiegel oder bei der Mannitol-Behandlung vor.

 

4. Zu große Natriumausscheidung
Meist wird dabei auch zuviel Wasser ausgeschieden. Zur Verminderung des Natriumspiegels kommt es nur, wenn "mehr Natrium als Wasser" verloren geht.
  • Natriumverluste in der Niere
    • Langdauernde Anwendung bestimmter harntreibender Medikamente (Diuretika)
    • Mangel an Aldosteron bzw. Mineralokortikoid-Hormonen (Addison-Krankheit, seltener spezielle Defekte bei der Aldosteronproduktion)
    • Salzverlustniere bei langdauernden Nierenschäden Entzündung, Zystennieren.
    • Metabolische Alkalose
      Fehlen von Säure im Körper, z.B. durch Erbrechen.
    • Renal Tubuläre Azidosen (vor allem Typ II)
      Erbliche und erworbene Schäden des Nierenröhrchensystems, bei denen es auch zur Übersäuerung des Körpers (=Azidose) kommen kann.
  • Natriumverluste außerhalb der Niere
    • Erbrechen (kann zur Verminderung von Natrium führen)
    • Durchfälle, gutartige Dickdarmtumoren
    • Verbrennungen
    • Blutwäsche (Dialyse) mit natriumarmen Lösungen
    • extremes Schwitzen und gleichzeitiges Trinken großer Wassermengen
    • kurzfristig nach Blutungen und Volumenersatz durch Plasmaexpander-Flüssigkeiten
    • Verschiebungen salzreicher Flüssigkeiten innerhalb des Körpers bei Entzündungen der Bauchspeicheldrüse, Bauchfellentzündung, Muskelverletzungen, Darmlähmung

 

5. Pseudohyponatriämie ("falsch niedriges" Natrium)

Wenn in der Blutflüssigkeit ein sehr hoher Anteil an Blutfetten (Blutflüssigkeit auffällig milchig) oder Eiweiß enthalten ist, dann unterschätzen die meisten Messmethoden* die "wirksame" Natriumkonzentration und geben einen falsch niedrigen Wert aus.
Abhilfe schaffen Spezialmethoden (sog. direkte ISE-Methoden*). Stehen diese nicht zur Verfügung kann man auch versuchen, das Fett zu entfernen oder den Fehler rechnerisch zu korrigieren.

*Die Meinung, der Fehler träte nur bei der Messung mittels Flammenphotometrie auf, ist leider falsch, auch die indirekten ISE-Methoden und die spektrophotometrischen Methoden, ja letztlich alle Methoden, die vor der Bestimmung einen Verdünnungsschritt der Blutflüssigkeit durchführen, weisen den Fehler mehr oder weniger auf.

 
   
 
Natrium im Harn
INFO:
Natrium im Harn ist ergänzende Information

Die Bestimmung von Natrium im Harn hat besonders als ergänzende Information beim Vorliegen eines zu hohen oder zu niedrigen Natriums im Blut Bedeutung:

  • Ist Natrium im Blut zu hoch spricht eine geringe Konzentration im Harn dafür, dass von der Niere zu wenig Natrium oder zu viel Wasser ausgeschieden wird.
  • Ist Natrium im Blut zu niedrig spricht eine hohe Ausscheidung im Harn dafür, dass Natrium über die Nieren verloren geht oder zu wenig Wasser ausgeschieden wird.

 

 

Natriumausscheidung nahrungsabhängig

Die Natriumausscheidung ist sehr stark von der in der Nahrung aufgenommenen Menge abhängig. Der Referenzbereich (Normalbereich) ist daher sehr breit. Bei vielen der prinzipiell möglichen Ursachen einer erhöhten oder erniedrigten Natriumausscheidung kann es daher vorkommen, dass der Referenzbereich nicht über- oder unterschritten wird.

Folgerung: Man muss den Wert im Harn mit dem im Blut vergleichen.
 

BEFUND-
KOMBINATIONEN
BLUT/HARN:

 

1. Krankheiten mit erhöhtem Natrium in der Blutflüssigkeit (Hypernatriämie) und einem Natrium im Harn kleiner 10 - 20 mmol/l:
  • Wasserverluste außerhalb der Niere durch Schwitzen, Durchfall, künstliche Beatmung, Blutwäsche mit zu salzreichen Lösungen

(Nähere Info zu den Erkrankungen im Abschnitt über den erhöhten Natriumspiegel im Blut weiter oben)

 

2. Krankheiten mit erhöhtem Natrium in der Blutflüssigkeit (Hypernatriämie) und einem Natrium im Harn größer 20 mmol/l:

  • Sog. Osmotische Diurese (zuviel Zucker, Mannit, Harnstoff)
  • Überproduktion des Hormons Aldosteron (primärer Hyperaldosteronismus, Conn-Syndrom)
  • Natrium-haltige Infusionen

(Nähere Info zu den Erkrankungen im Abschnitt über den erhöhten Natriumspiegel im Blut weiter oben)

 

3. Krankheiten mit erniedrigtem Natrium in der Blutflüssigkeit (Hyponatriämie) und einem Natrium im Harn kleiner 10 - 20 mmol/l:

  • Natriumverluste außerhalb der Niere
    (Durchfälle, Verbrennungen, usw.)
  • Krankheiten mit massiver Wasseransammlung im Gewebe (=Ödem-Erkrankungen: Herzschwäche, Leberzirrhose, nephrotisches Syndrom)

(Nähere Info zu den Erkrankungen im Abschnitt über den verminderten Natriumspiegel im Blut weiter oben)

 

4. Krankheiten mit erniedrigtem Natrium in der Blutflüssigkeit (Hyponatriämie) und einem Natrium im Harn größer 20 mmol/l:

  • Natriumverluste in der Niere
  • Nierenversagen (akut oder chronisch)
  • Glukokortikoidmangel
  • Schilddrüsenunterfunktion
  • Syndrom der inadäquaten ADH-Ausschüttung (SIADH, Schwartz-Bartter-Syndrom)
  • Nach Operationen
  • Medikamente

Auch die Hyponatriämie nach Stresssituationen oder Schmerzen zeigt eher eine Harnkonzentration größer 20 mmol/l.

(Nähere Info zu den Erkrankungen im Abschnitt über den verminderten Natriumspiegel im Blut weiter oben)

 

 

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Letzte Änderung 2004-04-14

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