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Antithrombin III (ATIII) - Übersicht
Univ.Prof.Dr.med. Wolfgang Hübl
    
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Der Name Antithrombin III (sprich "drei") oder kurz ATIII kommt von der Wirkung gegen den Blutgerinnungsfaktor Thrombin.
Manchmal wird Antithrombin III auch nur kurz als Antithrombin bezeichnet. Es existieren aber verschiedene Stoffe mit Antithrombinwirkung, die mit römischen Ziffern unterschieden wurden. Die Bezeichnung Antithrombin III oder ATIII ist daher exakter.
   
KURZINFO:
Die Blutgerinnung
Die Blutgerinnung ist ein lebensnotwendiger Vorgang. Wenn die Wand der Blutgefäße aus irgendeinem Grund (Unfall, Operation, verschiedene Erkrankungen) geschädigt ist, müssen größere Blutungen durch die Blutgerinnung gestoppt werden.

 

Die Blutgerinnung muss kontrolliert werden
Die Blutgerinnung darf im Körper nie unkontrolliert ablaufen, sonst würde das Blut in den Gefäßen gerinnen und diese verstopfen. Daher gibt es in unserem Blut ein sehr komplexes System von gerinnungshemmenden und gerinnungsfördernden Faktoren. Diese   sollen sicherstellen, dass eine Blutgerinnung nur am richtigen Ort und und im richtigen Ausmaß stattfindet.

 

Antithrombin III  (ATIII) ist ein die Gerinnung hemmender Faktor
Das in der Leber hergestellte ATIII ist ein natürlicher, im Blut des Menschen vorkommender Hemmstoff der Gerinnung. Er wirkt vor allem indem er die gerinnungsfördernden Faktoren Thrombin und Xa hemmt.
In geringerem Ausmaß werden auch andere Gerinnungsfaktoren gehemmt (IXa, XIa, XIIa, Plasmin, Kallikrein).

Die Hemmung der Gerinnung durch ATIII

Wirkung von Antithrombin III

 
Heparin vervielfacht die ATIII-Wirkung

Heparin, eine Art Zucker, der im Körper vorkommt aber auch als Medikament verwendet wird, kann sich an ATIII binden. Als Folge wird das ATIII noch viel wirksamer und hemmt die Faktoren Thrombin und Xa um ein Vielfaches stärker. Heparin wird daher zur Vorbeugung und Behandlung von Blutgefäßverstopfungen (Thrombosen) verabreicht.

 

Warum bestimmt man ATIII im Blut?

  • Verdacht auf angeborenen ATIII Mangel
    Blutgefäßverstopfungen (Thrombosen), erkrankte Verwandte
  • Verdacht auf Verbrauchskoagulopathie
    (Schweres Krankheitsbild, bei dem im ganzen Körper in den kleinen Gefäßen Gerinnungsvorgänge ablaufen)
  • Beurteilung des Zustandes des Gerinnungssystems
    (z.B. bei Verbrauchskoagulopathien, Blutgefäßverstopfungen [Thrombosen], Gefahr einer Thrombose)
  • Kein Effekt einer Behandlung mit Heparin (Heparinresistenz)
    Ein Mangel an ATIII kann die Ursache sein, warum eine Behandlung mit Heparin nicht funktioniert.
  • Verlaufsbeobachtung bei Behandlung mit ATIII

 

Wie bestimmt man die ATIII-Aktivität im Blut?
Man bestimmt die Aktivität von ATIII im Blut, genauer gesagt im Blutplasma, indem man das Plasma mit Thrombin zusammenbringt. Danach überprüft man, wie stark das Thrombin gehemmt wurde.
Man mischt also ein Thrombin-haltiges Reagenz mit dem Plasma. Damit die Wirkung des ATIII schneller und stärker abläuft gibt man auch Heparin dazu. Dieses Gemisch lässt man dann ein paar Minuten reagieren. War viel ATIII im Plasma, wird ein großer Teil des Thrombins gehemmt worden sein, war wenig im Plasma wird das Thrombin kaum gehemmt sein.
Um festzustellen, wieviel wirksames Thrombin noch da ist, setzt man einen Stoff dazu, von dem wirksames Thrombin ein Stück abspalten kann. Bei dieser Abspaltung entsteht ein Farbstoff. Und diesen Farbstoff kann man mit einem Photometer messen. Dies ist die gebräuchlichste Methode.

 

Man kann auch die ATIII Konzentration bestimmen
Weniger gebräuchlich, aber bei speziellen Fragestellungen wichtig ist die Bestimmung der Konzentration von ATIII im Plasma.
Normalerweise gehen Konzentration und Aktivität von ATIII natürlich Hand in Hand. Es gibt aber erbliche Erkrankungen, bei denen der Körper zwar genug ATIII bildet, das ATIII aber nicht richtig funktioniert. Dann wird die ATIII Konzentration zwar normal sein, die Aktivität aber vermindert.

Welche Folgen hat eine verminderte ATIII-Aktivität?
Wenn, wie dies bei angeborenen Verminderungen des ATIII der Fall ist, nur das ATIII vermindert ist und das übrige Gerinnungssystem unverändert, dann bedeutet bereits eine Verminderung der Aktivität auf 70% oder weniger ein erhöhtes Risiko für Blutgefäßverstopfungen (Thrombosen und Embolien).
Bei erworbenem Mangel von ATIII hängt es von der Ursache ab, ob ein Thromboserisiko besteht oder nicht (Genaueres siehe unter Verminderung).

 

   
REFERENZ-
BEREICH:
  Bereich Einheit Bereich Einheit

Aktivität

75 - 125 % (der Norm)    

Konzentration

0.15 - 0.39 g/l 2.5 - 6.7 µmol/l
Neugeborene zeigen in den ersten Tagen geringere Werte.

Detailliertere, altersabhängige Referenzwerte

   
 
Hinweis: aus isolierten, leichten Erhöhungen oder Erniedrigungen von Laborwerten kann man in den allermeisten Fällen keine Schlussfolgerungen auf irgendeine Erkrankung ziehen. Liegen also nur leichte Veränderungen vor, muss keineswegs irgendeine der nachfolgend genannten Erkrankungen oder Veränderungen vorliegen!
ERHÖHUNG:
Erhöhungen werden zwar nicht selten beobachtet haben aber keine besondere Bedeutung.
  • Vitamin K-Mangel (z.B. bei Behandlung mit "Marcoumar")
  • Gallestauung
  • Akute Entzündungsreaktionen
   
A. VERMINDERUNG AUF GRUND ERWORBENER URSACHEN
 
1. Mangelnde Bildung von ATIII
  • Leberschäden. Risiko von Blutgefäßverstopfungen im allgemeinen nicht gesteigert.
  • Durch manche Medikamente (z.b. Asparaginase, ein Chemotherapeutikum)

 

2. Verbrauch und oder Verlust von ATIII
  • Verbrauchskoagulopathie
    Wegen einer in den kleinen Gefäßen des ganzen Körpers ablaufenden Gerinnung wird ATIII (aber auch andere Gerinnungsfaktoren) verbraucht. Kommt bei verschiedenen schweren Erkrankungen vor (z.B. Blutvergiftung, Tumoren, Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen). Risiko von Blutgefäßverstopfungen größerer Gefäße im allgemeinen nicht gesteigert.
  • Thrombosen
    Blutgefäßverstopfungen können einen Abfall von ATIII zur Folge haben.
  • Behandlung mit Heparin
    Abfall der ATIII Aktivität besonders bei intravenöser (direkt in die Vene verabreichten) Heparinbehandlung kommt vor. Auch nach subkutaner (in die Unterhaut verabreichten) Heparinbehandlung wurden Verminderungen beobachtet. Das Risiko von Blutgefäßverstopfungen ist deswegen aber nicht gesteigert.
  • Einnahme der "Pille"
    Die Einnahme von manchen Ovulationshemmern kann die ATIII-Aktivität senken.
  • Blutungen
  • Operationen mit großen Wundflächen
  • Größerflächige Verbrennungen
  • Nierenschäden mit Eiweißverlust (nephrotisches Syndrom)
    Risiko für Blutgefäßverstopfungen kann erhöht sein erhöht.
  • Darmerkrankungen mit Eiweißverlust (exsudative Enteropathie)

 

B. ANGEBORENER ATIII-MANGEL
 
Was ist der angeborene ATIII-Mangel?
Der erst 1965 entdeckte angeborene ATIII-Mangel ist eine Erbkrankheit, bei der die Aktivität des ATIII vermindert ist.
Ursache ist entweder, dass zu wenig ATIII gebildet wird (ATIII-Mangel Typ I) oder, dass ein in der Funktion gestörtes ATIII gebildet wird (ATIII-Mangel Typ II).
Mit speziellen Tests kann man auch noch weitere Untergruppen definieren bzw. die Untergruppen weiter unterteilen.

Welche Beschwerden hat man mit angeborenem ATIII-Mangel?
Bei angeborenem ATIII-Mangel treten Blutgefäßverstopfungen (Thrombosen), vor allem der Beinvenen, auf. Losgelöste Gerinnsel können über den Blutkreislauf weitertransportiert werden und die Lungenarterie verstopfen (Pulmonalembolie). Seltener sind Verstopfungen von anderen Arterien.

Wann treten diese Beschwerden auf?
Die Krankheit ist zwar angeboren, tritt aber meist erst zwischen dem 15. und 30. Lebensjahr auf. Studien haben gezeigt, dass ca. 80% aller Betroffenen zumindest eine Gefäßverstopfung (Thrombose oder Embolie) bis zum 40.Lebensjahr haben. Ist aber bis dahin keine dieser Erkrankungen aufgetreten, ist es sehr unwahrscheinlich, dass es (wegen des ATIII-Mangels) je dazu kommen wird.

Wie häufig ist die Erkrankung?
Ca. jeder 100. aller unter 70-jährigen, die wegen einer Blutgefäßverstopfung eine Ambulanz aufsuchen, haben einen ATIII-Mangel.
In der Gesamtbevölkerung liegt die Häufigkeit bei 1:2000 bis 1:5000.

Wie erkennt man den ATIII-Mangel?
Meist wird wegen einer aufgetretenen Blutgefäßverstopfung oder Erkrankungsfällen in der Verwandtschaft nach einem ATIII-Mangel gesucht werden. Dabei wird zuerst eine normale ATIII-Aktivitäts-Bestimmung durchgeführt. Ist diese abnorm, wird man das Blut (Plasma) mit Spezialtests weiter untersuchen.
Zu beachten ist, dass jede Thrombose, gleich welcher Ursache, zu einer ATIII-Verminderung führen kann und dass auch eine Behandlung derselben die ATIII-Aktivität verändern kann. Andere Ursachen einer verminderten ATIII-Aktivität müssen also ausgeschlossen werden.

Wie hoch ist die ATIII-Aktivität?
Bei angeborenem ATIII-Mangel wird die ATIII-Aktivität meist zwischen 40 und 60% liegen.

Ist die "Pille" ein Zusatzrisiko?
Ja. Eine Anwendung der "Pille" sollte nicht erfolgen.

Wie wird die Erkrankung vererbt?
Die Krankheit kommt praktisch ausschließlich mischerbig vor (heterozygot). Das heißt,   die Erkrankten haben ein gesundes und ein krankes Gen. Das kranke setzt sich aber leider durch, es ist dominant. Ist in einer Partnerschaft ein Partner betroffen, wird statistisch gesehen jedes 2. Kind einen ATIII-Mangel aufweisen.

   

 

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Letzte Änderung 2003-06-07

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